Warum müssen Hochzeitsfotos denn noch bearbeitet werden? Und wie lange sitzt man denn daran? Hier mal ein paar Einblicke in das Leben als Hochzeitsfotograf zum Thema Bildbearbeitung von Hochzeitsfotos.
Wenn Ihr mir als Brautpaar eine Mail bzw. Anfrage für Eure Hochzeit schreibt, bekommt Ihr ein Angebot und eine kleine Übersicht mit verschiedenen Stundenpaketen von mir. Und dann fallen die meisten erstmal rückwärts vom Stuhl 😉
„Waaaaas, so viel? Das ist ja ein Stundenlohn von 250€ oder mehr. Das hätte ich auch gerne. Der spinnt ja total! „
Das ist oft eine typische Reaktion von Brautpaaren die vorher noch nie Kontakt mit einem Hochzeitsfotografen hatten und auch noch kein anders Angebot erhalten haben. Aber ich möchte Euch hier mal n bissl aufklären wie die Honorare so zu Stande kommen und wie „wir Hochzeitsfotografen“ kalkulieren. Und das betrifft ja nicht nur mich, sondern auch meine Kollegen und Kolleginnen.
Ein Großteil meines Honorars ist für die Fotobearbeitung kalkuliert. Denn Hochzeitsfotos – oder Fotos allgemein, müssen Bearbeitet werden. So ganz grob kann man sagen, dass ich in etwa die Zeit, die ich als Hochzeitsfotograf auf Euer Hochzeit anwesend bin, noch mal 3 rechnen muss – wegen der Nachbearbeitung. Nun – wie kommt das? „Dafür gibt´s doch Programme wie Photoshop & Co“, denkt Ihr jetzt vielleicht. Oder aber „Du lässt da nen Filter drüber laufen und gut ist – geht am Handy ja auch. “ So einfach ist es aber nicht.
Dazu müsst Ihr vorab wissen, dass meine Kameras – und ich komme grundsätzlich mit mindestens drei Kameras zu Hochzeiten, falls mal was kaputt geht, alle professionelle Vollformat Kameras sind und ich die Fotos in einem speziellen „RAW-Format“ aufnehme. Was ist das? Das ist quasi ein Fotoformat ohne jegliche Kontrast, Schärfe und eher Ausdruckslos. Der absolute Vorteil von RAW-Fotos ist, dass wirklich sämtliche Bilddaten eines Fotos die der Sensor in der Kamera aufzeichnet, auch erhalten sind. RAW-Fotos können Millionen mal mehr Farbinformationen enthalten wie ein Jpeg / JPG Foto, was Ihr ja vom Handy kennt.
Und genau das gibt mir in der Nachbearbeitung deutlich mehr Möglichkeiten einzelne Farben zu bearbeiten oder Kontraste zu setzen. Das wäre mit einem Foto in Jpeg einfach nicht drin. Vor allem wenn das Foto, welches ich gerade von Eurer Hochzeit bearbeite, Abends bei schlechten Lichtverhältnissen und vielleicht noch im Nieselregen aufgenommen worden ist. Dann kann ich mit Fotos im RAW-Format deutlich mehr am Bild bearbeiten und das ganze auch noch völlig verlustfrei. Also ohne irgendwelche Bildinformationen zu verlieren. Das einzige was meine Kamera noch automatisch macht ist, den Weißabgleich automatisch einzustellen – das klappt mal besser und mal schlechter 😉 . Deshalb fotografieren eigentlich fast alle Fotografen im RAW-Format.
Gott sei Dank gibt es sowas mittlerweile und JA – Programme wie zB. Adobe Photoshop oder Lightroom erleichtern mir die Arbeit. Wenn es alles noch so analog wie früher wäre, ach Du lieber Himmel. Als Hochzeitsfotograf bist Du ja nicht nur der Fotograf für die Hochzeit. Du bist quasi noch Reportagefotograf, Portraitfotograf, Architekturfotograf, Food-Fotograf und Paparazzi. Eines der wichtigsten, wenn nicht sogar DAS WICHTIGSTE Kriterium als Hochzeitsfotograf ist Schnelligkeit. Du musst schon spüren und voraus ahnen können wo gleich was passiert was es verdient festgehalten zu werden.
Stellen wir uns folgendes vor: Viele von Euch heiraten in den Monaten März – Oktober. Also in der Zeit, wo es eigentlich eher schönes Wetter ist als im Winter. Heißt aber auch – Sonne & Schatten. Ihr kommt aus der Kirche, die Trauung ist vorbei. In der Kirche ist es – wie in fast allen Kirchen – eher dunkel. Dann kommt Ihr raus – Eure Gäste stehen im Spalier, werfen Blütenblätter, Seifenblasen, „Oma Hilde“ ist völlig zu Tränen gerührt. Also kommen wir aus einer Umgebung die eher dunkel ist, in eine vollkommen helle Umgebung, am besten noch im Halbschatten weil vor der Kirche einige Bäume stehen. Nun hab ich zwei als Hochzeitsfotograf genau zwei Möglichkeiten. Belichte ich auf Euch richtig – oder auf „Oma Hilde“ die mit einem Strauß Rosen in der Hand vor Euch steht. Wäre es analog wie früher müsste ich mich entscheiden. Heutzutage schwenke ich einfach von Euch auf „Oma Hilde“ und fotografier Omi halt zu dunkel. Das kann ich später im Bearbeitungsprogram wieder korrigieren. Insofern helfen die aktuellen Bildbearbeitungsprogramme auf jeden Fall. Aber auch diese können ein Foto, welches schlicht komplett versaut und unter/überbelichtet ist, nicht retten.
Mein individueller Look
Diese Foto habe ich auf einer Hochzeit im Waldhotel Rheinbach gemacht. Links seht Ihr das unbearbeitete RAW Foto direkt aus der Cam. Es war ein strahlender Sommertag und wir sind in den Schatten unter Bäumen gegangen. Ihr seht, dass das Foto irgendwie grün ist. Das kommt von der Reflektion der Bäume und der Blätter und ist nicht zu vermeiden. Die Alternative wäre in der Sonne gewesen – muss aber auch nicht sein. Und rechts dann mit meiner fertigen Bearbeitung, mit meinem „Look“ und kleinerer Anpassungen. So hat das Brautpaar das Foto final erhalten.
Schwarz Weiß ist bunt genug 😉
Ihr wisst ja mittlerweile, dass ich persönlich ein „Schwarz/Weiß Junkie“ bin. Ich steh halt einfach drauf und finde, dass Schwarz/Weiß Fotos ein Foto noch „intensiver“ macht – der Blick wird auf das wesentliche gelenkt. Es sticht einfach mehr ins Auge. Natürlich passt Schwarz/Weiß nicht auf jedes Foto aber gerade bei intimen Pärchenfotos oder spontanen Reportagefotos passt es sehr häufig. Hier seht Ihr das selbe Foto wie oben aber diesmal in Schwarz/Weiß mit meiner Bearbeitung und meinem Look.
Wenn Ihr mich fragt, dann würde ich Euch immer vorschlagen, die Hochzeitsfotos, also das Brautpaarshooting eher gegen spät Nachmittags oder Abend zu planen. Dann steht die Sonne nicht mehr am höchsten Punkt und verliert an Kraft. Durch die tiefer stehende Sonne wird auch das Licht deutlich wärmer und gibt mir so viel mehr an Möglichkeiten tolle Emotionen und Stimmungen einzufangen. Ich kann viel mehr mit dem Gegenlicht spielen um auf Eure Hochzeitsfotos eine traumhafte Atmosphäre zu zaubern. Ihr habt bestimmt schon die beiden Begriffe „goldene Stunde“ & „blaue Stunde“ gehört. Das sind genau die beiden Zeiten kurz nach bzw. vor Sonnenauf – und Untergang. Das ist die optimale Zeit für Fotos – wenn es nach mir ginge 😉
Wie lange sitzt Du denn nun an den Hochzeitsfotos?
Ihr habt nun ein Angebot von mir erhalten und habt, falls Ihr Euch hier durch den ganzen Text gekämpft habt, einen kleinen Einblick bekommen ob und wie ich Hochzeitsfotos bearbeite. Wenn ich von einer Hochzeitsreportage nach hause komme habe ich irgendwas zwischen 2000 – 4000 Fotos gemacht. Die werden dann erstmal alle auf verschiedene Festplatten gesichert und in die Bearbeitungsprogramme geladen. Nun sichte ich wirklich jedes einzelne Foto und entscheide, ob dieses Foto in der Auswahl bleibt oder nicht. Da es auf Eurer Hochzeit ja schnell gehen muss sind natürlich immer Fotos doppelt dabei oder welche die einfach nix geworden sind. Final bleiben dann so zwischen 500 – 900 Fotos übrig. Die werden nun alle wie oben beschrieben bearbeitet und das braucht nun mal Zeit. Jedes Foto ist anders und kann nicht mit den Einstellungen des vorherigen kopiert werden, sondern es muss immer einzeln angepasst werden. Also kann ich sagen, dass ich bei einer 10-stündigen Hochzeitsbegleitung noch etwa 30 Stunde zuhause an der Bearbeitung sitze, was zusammen schon mal 40 Stunden Arbeit macht. Dabei habe ich jetzt nicht mal die Vor- und Nacharbeit wie E-Mail Kontakt, Telefonate, persönliche Gespräche, Abzüge oder das Layout für´s Fotoalbum eingerechnet.
Ich hoffe ich konnte Euch nun einen kleinen Einblick in meine Bildbearbeitung und Arbeit geben. Und vielleicht ein Gefühl dafür, wie viel Arbeit und Engagement wirklich in Hochzeitsfotos steckt.